Projekte

Fraunhofer Geschäftsbereich Adaptronik

Semi-aktiver Wellenbock

Im Projekt wurde eine Schwingungsminderung in einem Wellenbock durch eine semiaktive Tilgung mithilfe einer piezokeramischen Wellenlagerung und einer Beschaltung durch einen sogenannten Resonanzshunt entwickelt. Die Technik der Beschaltung kapazitiver Piezokomponenten wurde bereits in verschiedenen Anwendungen eingesetzt. Gut bekannte Beispiele sind entsprechend schwingungsoptimierte Sportgeräte, z.B. Golf-, Tennisschläger oder auch Snowboards. Die F&E-Aktivitäten in diesem Bereich zielten häufig auf die Anwendung von Piezopatches am Biegebalken. Um zusätzliche Anwendungsgebiete zu erschließen, wurden in einem aktuellen Projekt die Möglichkeiten der semi-aktiven Schwingungsminderung mithilfe der Shunt-Technik (siehe Abb. 1) an Piezo-Stapelkomponenten untersucht. Dabei wurden aus dem Dieseleinspritzbereich stammende Piezostapelaktoren verwendet.

Ansatz:

Den Piezoaktoren werden dabei je ein Widerstandselement und eine Spule parallel geschaltet. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bei großen Induktivitätswerten die jeweilige Spule über synthetische Induktivitäten realisiert wird, d.h., dass die Eigenschaft einer Spule über einen entsprechenden Schaltkreis abgebildet wird. In diesem Fall muss dieser mit einer elektrischen Speisespannung versorgt werden. Zusammen mit der kapazitiven Charakteristik der Piezoaktorik resultiert ein elektrischer Schwingkreis, der – auf die mechanischen Eigenschaften der Zielstruktur abgestimmt – als elektrischer Tilger wirkt und die Schwingungen der Struktur mindert. Man spricht von semi-aktiver elektromechanischer Tilgung. Diese Beschaltung ist dadurch charakterisiert, dass nur die elektrische Schaltung bzw. die synthetische Induktivität eine Hilfsenergie zum Betrieb zugeführt wird. Die Piezoaktoren werden hingegen nicht elektrisch versorgt.

Abb. 1: Resonanz-Shunt (mit Widerstand und Spule).

Umsetzung und Test:

Ziel ist es, die an einem Wellenbock auftretenden Vibrationen und somit die Körperschallausbreitung in die Umgebung der Lagerung zu reduzieren. Hierzu wird ein Wellenbock aufgebaut, in den vier Piezo-Stapelaktoren eingebracht werden. Diese werden symmetrisch um das Lager angeordnet (Abb. 2). Die Positionierung wird derart realisiert, dass der Kraftfluss ausschließlich über die vier Stapelaktoren erfolgt, auf denen das die Welle tragende Lager aufliegt. Die Anbindung der Stapelaktoren erfolgt über keramische Adapter, die Isolierung über den Einguss in ein Elastomer. Die obligatorische Vorspannung der Stapelaktoren wurde über zwei Schrauben realisiert, die an den Piezostapeln angreifen.

Der Vergleich der Messungen (Abb. 3, grün und gelb) mit den Ergebnissen eines vereinfachten Matlab-Simulationsmodells (Abb. 3, blau und rot) zeigt eine gute Übereinstimmung. Für die Beschaltung jedes Piezoaktors mit je einem Resonanzshunt ergab die Simulation eine Reduktion in der Eigenfrequenz von 18,7 dB und die Messungen am realen Demonstrator von 17,6 dB.

Abb. 2: Rillenkugellager mit vier angekoppelten Piezo-Stapelaktoren.
Abb. 3: Simulations- und Messergebnisse

Ausblick:

Als Anwendungsgebiete ergeben sich vielfältige Produkte, in denen rotierende Wellen zum Einsatz kommen, wie z.B. im Motoren- oder Triebwerksbau. Die Vorteile der semi-aktiven Shunt-Technik liegen in dem relativ geringen Komplexitätsgrad des Systems, der großen Robustheit und geringer Kosten sowie der geringen Baugröße der verwendeten Elektronik bei gleichzeitig relativ guter Reduktion der Schwingungsamplituden.