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Fraunhofer Geschäftsbereich Adaptronik

MRF-Kugelkupplung

Die technischen Anwendungen magnetorheologischer Flüssigkeiten (MRF) sind vor allem Dämpfer und Kupplungen. Aus der Kombination der Technologie von MRF-Dämpfern und mechanischen Kugelsicherheitskupplungen resultiert ein neuartiges Kupplungskonzept.

Magnetorheologische Flüssigkeiten sind Suspensionen aus einer Trägerflüssigkeit und ferromagnetischen Partikeln. Unter Einfluss eines Magnetfeldes bilden sich Festkörperbrücken, die zu einer Erhöhung der übertragbaren Schubspannung führen.

Die Reaktionszeiten von magnetorheologischen Flüssigkeiten betragen nur einige Millisekunden. Aktuell werden sie unter anderem in einstellbaren Dämpfern (z.B. in PKWs), zur Oberflächenbearbeitung und in Kupplungen eingesetzt. Die Kupplungen werden hauptsächlich als Glocken- oder Scheibenkupplung ausgeführt. In einem Spalt zwischen zwei Scheiben bzw. Glocken, von denen eine mit der Eingangs- und eine mit der Ausgangswelle verbunden ist, befindet sich die MRF. Wird der Spalt von einem Magnetfeld durchflutet, lässt sich über die MRF ein Drehmoment übertragen. Nachteile dieser Kupplungen sind der hohe Energiebedarf, das Temperaturverhalten und das hohe Schleppmoment.

Bild 1: Die MRF-Kugelkupplung (3) ist eine Kombination aus einer mechanischen Kugelsicherheitskupplung (1) und einem axialen MRF-Aktor (2)
Bild 2: Versuchsfahrzeug AutoTram® (Quelle: Fraunhofer IVI)

Das neue Kupplungsprinzip „MRF-Kugelkupplung“ ist eine Kombination aus einer Kugelsicherheitskupplung und einem axialen MRF-Aktor. Bei mechanischen Kugelsicherheitskupplungen wird das Drehmoment über Kugeln übertragen, die über Tellerfedern in Senkungen gehalten werden. Je stärker die Federkraft, desto höher das Auslösemoment der Kupplung. Bei der MRF-Kugelkupplung wird die von der Feder aufgebrachte Haltekraft von einem axialen MRF-Aktor geliefert. Dieser ist ähnlich einem Einrohrstoßdämpfer aufgebaut. Eine Spule erzeugt im Spalt zwischen Zug- und Druckseite ein Magnetfeld und verhindert so ein Fließen der MRF durch den Spalt. Folglich ist der Kolben des Aktors blockiert und liefert so die benötigte Haltekraft. Als Funktionsdemonstrator wurde am Fraunhofer LBF ein Drehmomentschlüssel aufgebaut, der das Potenzial des Kupplungskonzepts bestätigt.

Die Vorteile gegenüber herkömmlichen Sicherheitskupplungen sind das im laufenden Betrieb einstellbare Auslösemoment der Kupplung und die NOT-AUS-Funktion. Gegenüber MRF-Scheiben- oder MRF-Glocken-Kupplungen besticht die MRF-Kugelkupplung durch geringeren Energiebedarf, besseres Temperaturverhalten sowie durch ein wesentlich geringeres Schleppmoment. Ein Nachteil ist der nicht mögliche gezielte Schlupfbetrieb (z.B. 50% Schlupf). Des Weiteren ist das Einkuppeln ohne zusätzliche technische Maßnahmen nur im Stillstand möglich. Aktuell wird im Rahmen der Fraunhofer Systemforschung Elektromobilität (FSEM) eine auf diesem Kupplungsprinzip basierende Sicherheitskupplung für die Motor-Generator-Einheit des Versuchsfahrzeugs AutoTram entwickelt (siehe Abb. 2). Sie sitzt zwischen einem 180kW V8-Dieselmotor und einem Generator. Der Motor liefert ein maximales Drehmoment von 560Nm, die maximale Drehzahl beträgt 4000U/min. Der Leistungsbedarf der Kupplung beträgt lediglich 6W.

Potenzielle Einsatzgebiete für die MRF-Kugelkupplung sind schnell schaltende Sicherheitskupplungen, zum Beispiel in Werkzeugmaschinen, Fördereinrichtungen oder für automobile Anwendungen.