Projekte

Fraunhofer Geschäftsbereich Adaptronik

Aktive Aggregatlagerung zur Reduktion der Strukturschwingungen und Köperschallübertragung

Abb. 1: Versuchsschiff für die Praxiserprobung der aktiven Aggregatlagerung.
Abb. 2: Aktives Lager im Querschnitt.

Schiffe stellen dünnwandige Strukturen dar, die u.a. durch Einflüsse des Antriebs zu Schwingungen angeregt werden. Ein besonderes Problem sind hierbei Aggregate wie die Antriebsmotoren. Zusammen mit der Fa. Lürssen Werft hat das Fraunhofer LBF nach Lösungsansätzen gesucht und sich erfolgreich um ein vom BMWi gefördertes Projekt im Rahmen des Forschungsprogramms »Schifffahrt und Meerestechnik für das 21. Jahrhundert« beworben.

Vom numerischen Modell bis zur Testfahrt auf der Weser

An einem von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger DGZRS zur Verfügung gestellten Schiff (Abb. 1) wurden zunächst umfangreiche Betriebsmessungen vorgenommen. Von besonderem Interesse waren die bei unterschiedlichen Fahrzuständen auftretenden Betriebslasten an den Lagerpunkten, die vom Antriebsmotor eingeleiteten Vibrationen sowie insbesondere die Ermittlung der dynamischen Randbedingungen (Impedanzen) zur Ableitung eines Lastenheftes und zur Erstellung eines numerischen Gesamtmodells. Der Aufbau des numerischen Modells erfolgte in einer CACE-Simulationsumgebung und erlaubte eine frühzeitige Abschätzung der Wirksamkeit unterschiedlicher Lagerkonzepte inkl.entsprechender Reglerstrategien. Das Konzept der aktiven Lager sieht vor, die vorhandenen passiven Elastomerlagerelemente mit mechanisch in Reihe geschalteten piezokeramischen Aktoren zu ergänzen. Da bei diesem Konzept sämtliche auftretende Betriebslasten inklusive des Propellerschubs von den aktiven Lagern getragen werden müssen, galt es, zur Sicherstellung der Systemzuverlässigkeit und zur Erprobung der aktiven Lager ein Prüfszenario für den gesamten Einsatzbereich zu generieren. Hierzu wurde am Fraunhofer LBF ein Prüfstand aufgebaut, in dem auf einem Teilsegment des Schiffes der Antriebsmotor gegen eine Abtriebsmaschine betrieben werden konnte (Abb. 3). Zunächst diente der Prüfstand zum Abgleich der numerischen Modelle und wurde in späteren Projektphasen zur Untersuchung der Wirksamkeit der aktiven Lager, insbesondere unterschiedlicher Regelungskonzepte, verwendet. Bei der potenziell verfolgten Reglerstrategie handelt es sich um eine adaptive Feedforward-Regelung. Grundsätzlich wird das zu minimierende Störsignal durch ein im Interface erzeugtes sogenanntes Aktorsignal überlagert.

Abb. 3: Prüfstand im Fraunhofer LBF mit Teilsegment des Schiffes.
Abb. 4: Im Prüfstand eingebautes aktives Lager.

Durch die Kenntnis der Übertragungsstrecke, also der Übertragungsfunktion zwischen Referenzsignal (Signal der eingeleiteten Störung oder in Korrelation dazu stehende Größe wie z. B. Motordrehzahl) und Fehlersignal (optimalerweise durch den Systemeingriff auf null zu regeln), lässt sich mit Hilfe adaptiver Filter ein für die Stelle des Systemeingriffs angepasstes Reglerausgangssignal erzeugen.Nach Betrachtung unterschiedlicher Lagerkonzepte erfolgten eine detaillierte konstruktive Umsetzung sowie die Implementierung der aktiven Lager in den Prüfstand (Abb. 4). Anschließende Tests unter unterschiedlichen Belastungsbedingungen durch den Motor (Hochlauf, stationärer Betrieb etc.) wiesen die Wirksamkeit der aktiven Lager in Form einer deutlichen Reduktion der in das Schifffundament eingeleiteten Vibrationen nach (Abb. 5). Den Tests im Labor folgte der Einbau der Lager in das Versuchsschiff. Bei abschließenden Versuchsfahrten konnte die Wirksamkeit der aktiven Lagerung unter Realbedingungen nachgewiesen werden.

Kundennutzen

Die Verwendung aktiver Lagerungen ermöglicht eine deutliche Reduktion der eingeleiteten Vibrationen insbesondere im hochfrequenten Bereich. Durch die am Fraunhofer LBF entwickelten numerischen Verfahren können eine frühzeitige Anpassung an unterschiedlichste Anwendungsfälle und die Abschätzung der Wirksamkeit unter Berücksichtigung der jeweiligen Randbedingungen schnell und kostengünstig ermöglicht werden.