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Fraunhofer Geschäftsbereich Adaptronik

Identifikation des Strukturverhaltens am Beispiel einer Textilmaschine

Eine Erhöhung der Effizienz, Intensivierung der Leichtbauweise und Berücksichtigung ökologischer Anforderungen sind Prämissen bei der Konstruktion moderner mechanischer Anwendungen. Je weiter die Mechanik eines Systems diesbezüglich optimiert wird, umso genauer muss sein Strukturverhalten bekannt sein. Mit der Kenntnis des Strukturverhaltens können sowohl passive als auch aktive Konstruktionsmaßnahmen zielgerichtet umgesetzt werden.

 

Die Analysemethoden EMA, OMA und ODS

Bei der experimentellen Modalanalyse (EMA) wird die zu analysierende Struktur an einem oder mehreren Punkten angeregt. Dabei darf es zu keiner nennenswerten sekundären Anregung des Systems kommt. Das System ist also nicht im Betrieb und wird von seiner Umgebung „schwingungsisoliert“. Gemessen werden Übertragungsfunktionen von der Anregungskraft zu jeder Messpunktbeschleunigung oder -geschwindigkeit.

Abb. 1: Methoden zur Ermittlung des strukturellen Schwingverhaltens.

Große Strukturen (z. B. Brücken) sind sowohl schwer anzuregen als auch nur aufwendig schwingungstechnisch von ihrer Umgebung zu isolieren. Soll eine Struktur im Betrieb analysiert werden (z. B. Fahrzeugmotoren) so ist eine künstliche Anregung ebenfalls schwierig. Zudem findet eine innere, nur schwer bestimmbare Systemanregung statt. Für derartige Schwingungsanalysen werden Operational-Modal-Analysen (OMA) eingesetzt. Bei ihnen werden im Betrieb vorhandene Strukturanregungen zur Modalanalyse ausgenutzt. Da somit eine Kraftmessung nur selten möglich ist, werden anstelle von Übertragungsfunktionen Kreuzleistungsspektren zu einem Referenzpunkt bestimmt.

Bei der Analyse der Betriebsschwingungen (ODS) sind die Überlagerung und die tatsächliche Ausprägung einzelner Moden im Betrieb der Maschine zu erkennen. Die Eigenfrequenzen selbst sowie die modale Dämpfung können jedoch nicht bestimmt werden.

Abb. 2: MAC-Vergleich zwischen den in der OMA und der EMA ermittelten Eigenvektoren.

Einsatz und Vergleich der Analysemethoden

Im Rahmen dieses Projekts dient eine EMA als Vergleichsgrundlage. Die auf Gummilagern stehende Maschine wird an einem Punkt in zwei Richtungen angeregt. Die Messung der Beschleunigungen erfolgt an 36 Messpunkten. Neben fünf Starrkörpermoden können auf diese Weise im Frequenzbereich bis 200 Hz sieben elastische Moden identifiziert werden.

Über eine OMA wird das Eigenverhalten der Maschine im Betrieb ermittelt und mit der EMA verglichen. Dabei werden Zeitdaten aller 36 Messpunkte bei einem Maschinenhochlauf von 0 bis 2.500 Upm (ca. 42 Hz) über 100 s aufgezeichnet. Aus den ermittelten Zeitdaten werden die Kreuz- bzw. Autoleistungsspektren berechnet. Aus diesen werden die Eigenfrequenzen, die modalen Dämpfungsgrade und die Eigenvektoren der identifizierten Moden bestimmt.

Auf Basis des „modal assurance criterion“ (MAC) können Schwingformen miteinander verglichen werden. Die MAC-Analyse zwischen EMA und OMA ergibt eine eindeutige Zuordnung aller relevanten elastischen Moden zueinander (entsprechend einem MAC-Wert von nahezu 100 %) (Abb. 2). Abschließend gibt die ODS Aufschluss über die tatsächliche Ausprägung der einzelnen Moden bei einer Betriebsdrehzahl der Textilmaschine bei         2.500 Upm. In den Schwingformen sind alle elastischen Moden bis 200 Hz wiederzuerkennen. Außerdem ist, z. B. bei der zweiten Biegemode um die z-Richtung, eine stärkere Anregung des vom Motor weiter entfernten Maschinenteils zu erkennen.

 

Fazit

Soweit möglich ist zur Identifizierung des Struktur- und Betriebsfestigkeitsverhalten (von Textilmaschinen) eine EMA einer OMA vorzuziehen. Eine ODS ist häufig eine aussagekräftige Ergänzung zur Schwingungsbeurteilung.