Projekte

Fraunhofer Geschäftsbereich Adaptronik

Schwingungsminderung mit piezoelektrischen Wandlerwerkstoffen

Abb. 1: Stimmgabel mit innenliegend aufgeklebten Piezofolien.
Abb. 2: Vorne – Spule und Widerstand.

Mittels Adaptronik können mechanische Struktureigenschaften künstlich verändert und so z.B. Schwingungen und Schallabstrahlung vermindert werden. Damit erhalten Ingenieure neue Möglichkeiten für die Entwicklung moderner Produkte.

Motivation

Mittels sogenannter smarter Materialsysteme können Strukturen in ihren Eigenschaften bzw. in ihrem Verhalten künstlich beeinflusst werden. Besonders interessant ist die Beeinflussung des schwingungstechnischen Verhaltens von Bauteilen. Dies wird am Beispiel der adaptronischen Stimmgabel exemplarisch gezeigt.

Systembeschreibung

Die Stimmgabel stellt ein mechanisch schwingungsfähiges System mit definierten Feder-Masse-Dämpfer-Eigenschaften dar, das, wird es mittels Klöppel angeschlagen, in seiner Eigenfrequenz schwingt und Schall abstrahlt. Hier schwingt die Stimmgabel in ihrer ersten Resonanz bei 440 Hz gut hörbar. Dieses mechanisch schwingungsfähige System kann über die an beiden Schenkeln, Zinken genannt, aufgeklebten piezokeramischen Materialien an ein elektrisch schwingfähiges System, einen elektrischen Schwingkreis, gekoppelt werden. Die Eigenfrequenz dieses elektrischen Schwingkreises wird über die Induktivität der Spule, die Dämpfung des ohmschen Widerstands und Kapazität der Piezokeramiken definiert und auf die Eigenfrequenz des mechanischen Systems abgestimmt. Werden diese Schwingkreise über Betätigung des Schalters gekoppelt, wird das Schwingungsverhalten des mechanischen Systems verändert. Der zugrunde liegende Ablauf verhält sich wie folgt: Die mechanische Schwingung führt zu einer Dehnung der Zinken und damit der Piezokeramiken. Deren Dehnung führt bedingt durch den piezoelektrischen Effekt zu einer Ladungsverschiebung in den Keramiken. Die Ladung fließt als Strom in die Spule ab und induziert dort eine Spannung. Diese wiederum bedingt eine Ladungsausbildung an den Elektroden der Piezokeramik und durch den umgekehrten piezoelektrischen Effekt führt dies zu einer Dehnung der Keramik und damit der Zinken. Die Abstimmung der Eigenfrequenzen führt zu einer Maximierung dieses Effektes. Das genutzte Prinzip ist mit der Tilgung vergleichbar - der elektrische Schwingkreis tilgt die Schwingungsenergie des mechanischen Systems. Die Schallabstrahlung ist vermindert, sogar ohne dass zusätzliche externe Energie zugeführt werden muss. Man spricht von einer elektromechanisch passiven Schwingungsminderung.

Ausblick

So wie die Stimmgabel durch geschickte Verwendung von smarten Materialsystemen (häufig auch Energiewandlermaterialien genannt) in ihren Eigenschaften verändert werden kann, ist dies für viele andere maschinenbauliche Strukturen ebenfalls möglich. Dabei können wie bei der Stimmgabel Lösungen ohne oder geregelte Lösungen mit externer Energiezufuhr zum Tragen kommen. Neben piezoelektrischen Energiewandlermaterialien gibt es eine Vielzahl ähnlich interessanter smarter Materialien wie z.B. magneto- oder elektrostriktive Werkstoffe, elektro- oder magnetorheologische Fluide, dielektrische Elastomere u.a.m. In typischen maschinenbaulichen Anwendungen geht es bei Nutzung solch adaptronischer Lösungsansätze um die Kontrolle des Schwingungsverhaltens von Strukturen, die Schallabstrahlung von Strukturen oder die Kontrolle von Bauteilverformungen.